In der 16. Sitzung hat sich der NSU-Untersuchungsausschuss schwerpunktmäßig mit der Versendung der Bekenner-DVD, dem NSU-Brief und den Tatortausspähungen beschäftigt. Hierzu wurden zwei Zeugen des Bundeskriminalamts vernommen. Dabei stellte sich heraus, dass insgesamt elf von rund 50 Bekenner-DVDs des NSU nach Bayern gehen sollten.
An fünf Adressen in Bayern wurde die DVD nachweislich versandt, darunter das Türkische Generalkonsulat, die Nürnberger-Nachrichten und als einzige rechte Adresse bundesweit der Patria-bzw. anscheinend der Wotan-Versand von Franz Glasauer. Obwohl er der einzige rechte Empfänger der DVD ist und Kontakte ins direkte Unterstützerumfeld des NSU hatte (Landser, PC-Records, André Eminger und Aryan law & order) wurde er nicht vom BKA vernommen! Auch die Frage, ob eine der Bekenner-DVDs unfrankiert in den Briefkasten der Nürnberger Nachrichten eingeworfen wurde, konnte in den Ermittlungen nicht geklärt werden. Ein Münchener Moscheeverein, der ebenfalls zum Empfänger der DVD wurde, hat diese auf Anraten einer Polizistin der Polizeiinspektion Planegg, die zufällig an dem Tag des Empfangs der DVD in der Moschee des Vereins zu Besuch war, im Müll entsorgt!
Bezüglich der Ermittlungen zum sog. Taschenlampenattentat in Nürnberg wurde deutlich, dass Hinweise des bayerischen Verfassungsschutzes auf Nürnberger Rechtsextremisten, welche in der Nähe des Tatortes gewohnt haben, das BKA erst mit einer Verspätung von acht Monaten erreicht haben (Weiterleitung durch das LKA Bayern). Obwohl mit Andreas K. einer der damals führenden Rechtsextremisten in direkter Nähe zum Tatort in der Nürnberger Scheurlstrasse wohnte und bei ihm damals wöchentliche Treffen der Nürnberger Nationalisten stattfanden, wurden von Seiten des BKA keine Ermittlungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet. Auch auf eine systematische Durchleuchtung der rechtsextremen Szene in Nürnberg, der Stadt in der drei Morde und ein Sprengstoffanschlag des NSU stattfanden, wurde verzichtet. Hier müssen erhebliche Versäumnisse in den Ermittlungen festgestellt werden.
Im Hinblick auf den „NSU-Brief“ aus dem Jahr 2002 erbrachten die Zeugenvernehmungen ebenfalls interessante Erkenntnisse. In diesem Jahr machte der NSU seine Existenz durch einen Brief an zehn rechtsextreme Zeitschriften und Verlage bekannt. Außerdem enthielt der Brief Geldspenden aus den Banküberfällen des NSU. Zu den Empfängern gehörte auch drei Zeitschriften mit Bezug zu Bayern. Im Fanzine ‚Der Weiße Wolf‘ wurde in der Nr. 18 sogar eine Grußadresse an den NSU veröffentlicht, ohne dass es den zuständigen Sicherheitsbehörden in Bayern aufgefallen wäre. Der Weiße Wolf wurde bis zum Jahr 2000 vom Maik F. in Kronach/Oberfranken herausgegeben, wobei auch seine damalige Ehefrau Sylvia F Artikel zu der Publikation beisteuerte. Beide hatten Kontakte zum direkten Unterstützerumfeld des NSU. Erst im Jahr 2001 wechselte die Herausgabe des Magazins zu David Petereit in Mecklenburg-Vorpommern.
Auch das in Coburg erscheinende rechte Theorieorgan „Nation & Europa“ gehörte zumindest zu den (fingierten) Absendern des NSU-Briefs. Beim angeschlossenen Verlag arbeitete zwischen 1995 und 2001 der enttarnte V-Mann und Chef des Thüringer Heimatschutzes Tino Brandt. Der ehemalige Geschäftsführer des Verlags, Peter Dehoust, soll laut Aussage von Brandt im Ausschuss nach dem Abtauchen Geld an das NSU-Trio gespendet haben.
Ein weiterer Empfänger des NSU-Briefs war vermutlich auch das Fanzine ‚Der Landser‘, welches in Nürnberg von Mattias F. und Andreas K. herausgegeben wurde. Bei der Durchsuchung des Hauses von F. konnte nach zehn Jahren jedoch kein Exemplar des Briefs mehr aufgefunden werden. F. befand sich mit seiner Fürther Adresse auch auf der sog- ‚Garagenliste‘ des NSU. K. und F. waren bundesweit gut in der rechtsextremen Szene vernetzt und sind vor dem Abtauchen wahrscheinlich mehrfach mit Angehörigen des NSU-Trios zusammengetroffen. Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Empfänger der Geldspende und des Briefs vom NSU sehr bewusst ausgewählt worden sind. Leider konnte der zuständige BKA-Beamte C.S. hierzu keine Erkenntnisse seiner Behörde beisteuern.
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