9. Presse-Briefing: Von Anfang an falsch eingestuft!

Bei der Fortsetzung der Zeugenvernehmung zum Taschenlampenanschlag in der Sitzung am 7. November 2022 wurde für den Ausschuss klar, dass der Anschlag von Sekunde eins an falsch bewertet wurde. Die Folgen daraus sind folgenreich! Bei den Vernehmung wurde nämlich klar, dass die Tat von der Staatsanwaltschaft zunächst als „fahrlässige Körperverletzung“ eingestuft wurde.

Dazu Cemal Bozoglu: „Wären die Verantwortlichen von Anfang an von einer ‚vorsätzlichen Tötung‘ ausgegangen, so hätte dies zu ganz anderen Ermittlungsergebnissen führen können. Auch wären dann Asservate ganz anders behandelt worden. Ich bin erschrocken darüber, dass der Blick kein einziges Mal in Richtung Rassismus bzw. Rechtsextremismus gewandert ist.“

Die Sitzung zeigt, wie wichtig fachliche Expertise bei den zuständigen Stellen gewesen wäre, um den Anschlag richtig einstufen und entsprechend ermitteln zu können. Von besonderer Relevanz ist im Übrigen, dass der Kriminalkommissar Ostermair aussagte, dass der Kriminaldauerdienst (KDD) Nürnberg die Tat von einer gefährlichen Körperverletzung zu einer versuchten Tötung hochstufen wollte. Diese sei aber durch die Staatsanwaltschaft zurückgestuft worden. Für Entsetzen im Untersuchungsausschuss sorgte hingegen die Aussage der Oberstaatsanwältin Klotzbücher, dass sie, ohne Wissen von dem NSU-Tathintergrund, auch jetzt von einer gefährlichen Körperverletzung ausgehen würde, wenn sie die Akte vorgelegt bekäme. Dies ist in unseren Augen Zugeständnis eines eklatanten „blinden Flecks“. Sie ging bei Durchsicht der Akten wie die zuvor angehörten Zeugen nicht von einem rechtsextremen Anschlag aus und gab auf Nachfrage an, im Rahmen ihrer Ausbildung keine Fortbildung zum Thema Rechtsextremismus erhalten zu haben. Es ist daher mehr als nachvollziehbar, dass Cemal Bozoğlu nach der Befragung konstatierte: „Wir brauchen Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die rechtsextreme Fälle richtig einordnen können. Das haben wir an diesem Beispiel eindrücklich gesehen.“

In der 13. Sitzung am 10.11.2022 um 14:00 Uhr wird sich der Ausschuss inhaltlich mit der Versendung der Bekenner DVD des NSU an den Paria-Versand beschäftigen. Dieser hat bei der Selbstenttarnung des NSU als einzige rechte Organisation eine Bekenner-DVD erhalten und wurde damals von Franz G. geführt, der auch als Zeuge geladen ist.

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