2. NSU Untersuchungsausschuss

Presse-Briefing Nr. 27: Zschäpe steht erstmals Rede und Antwort

Zschäpe steht erstmals Rede und Antwort In seiner 33. Sitzung hat der NSU-Untersuchungsausschuss die rechtskräftig verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe als Zeugin vernommen. Die Vernehmung erfolgte aus Sicherheitsgründen in nichtöffentlicher Sitzung. Zschäpe stellte sich dabei zum ersten Mal seit Bekanntwerden der Terrorserie des NSU im Jahr 2011 selbst unmittelbar der Beantwortung von Fragen. Im Anschluss informierte der Ausschuss in einer Pressekonferenz über den Inhalt der Vernehmung. Die Veröffentlichung eines Wortprotokolls wird in Kürze erfolgen.Link zum Video der Pressekonferenz: https://www.youtube.com/watch?v=NjFN-UPB-CoDer Untersuchungsausschuss reiste selbst in die JVA Chemnitz. Damit wurde Sicherheitsbedenken der Behörden begegnet, die für den Fall einer Vernehmung in München bestanden hatten. Die Vernehmung Zschäpes, die nach rechtskräftiger Verurteilung verpflichtet war, umfassende Angaben zu ihrem Tatbeitrag und Dritten zu machen, dauerte insgesamt mehr als sieben Stunden. Begleitet wurde die Zeugin von ihrem Zeugenbeistand Rechtsanwalt Mathias Grasel. Ihr war dabei offenbar bewusst, dass es für sie von entscheidender Bedeutung ist, sich geläutert zu geben, Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen und sich klar von jeder Form des Rechtsextremismus zu distanzieren. So äußerte sich Zschäpe dann auch in ihrer Vernehmung und beteuerte wiederholt, dass sie die Verantwortung für die Morde, Anschläge und Raubüberfälle trage. Sie sehe sich selbst als Aussteigerin aus der rechten Szene und sei in dieser Szene wegen ihrer Aussagen ohnehin verbrannt. Mit diesen Angaben erhöht Zschäpe ihre Chance eines Tages auf Bewährung entlassen zu werden. Wie ernst Zschäpes Beteuerungen zu nehmen sind, weiß im Moment wohl nur sie selbst.

„Unser Kalkül, dass Zschäpe nach Rechtskraft des Urteils aussagebereit ist, ist aufgegangen. Sie hat erstmals eingeräumt, dass sie so schuldig ist, wie wenn sie selbst abgedrückt hätte. Ihr Schuldeingeständnis hat eine neue Qualität. Zudem haben wir eine umfangreiche Aussage mit zahlreichen Detailangaben gewonnen, die jetzt noch im Einzelnen ausgewertet werden muss. Die Funktion von Uwe Mundlos innerhalb der Organisation wurde klarer erkennbar. Er war – auch schon vor dem Untertauchen – für die Vernetzung mit anderen Personen zuständig. Darüber hinaus bestätigte Zschäpe, dass Mundlos aus dem Untergrund heraus unter dem Pseudonym Uwe Unwohl für das Fanzine „White Supremacy“ schrieb und an der Gestaltung des Hefts mitwirkte. Kontakte nach Bayern wurden von Zschäpe zunächst kategorisch bestritten. Dieses Bestreiten wurde nach Vorhalten von Zeugenaussagen, die in diesem Untersuchungsausschuss zuvor getätigt worden waren, dann aber immer mehr relativiert. Hier muss die Auswertung abgewartet werden, bevor eine endgültige Beurteilung möglich sein wird,“ berichtete der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl aus der Vernehmung.Neben Schuberl nahm auch Ausschussmitglied und Rechtsextremismus-Experte Cemal Bozoğlu an der Vernehmung Zschäpes teil und ordnete die Ergebnisse wie folgt ein: „Durch die Vernehmung haben wir neue Puzzleteile gewonnen, die uns bei unserer Arbeit einen Schritt weiterbringen. Wir haben neue Informationen erhalten: Es gab einen Versuch des Untertauchens in Niedersachsen, bei dem das Kerntrio beinahe verhaftet wurde. Zudem wurden Angaben zu Waffenkäufen bestätigt und konkretisiert. Zschäpe berichtete auch zu den Tatortausspähungen und der Opferauswahl. Böhnhardt und Mundlos hätten jeweils eine Stadt ausgespäht. Die Vorgehensweise sei dabei für Raubüberfälle und Morde ähnlich gewesen. Wichtig sei gewesen, dass man schnell wieder wegkomme. Taten hätten immer nur in einigem zeitlichem Abstand zu der Ausspähung stattgefunden. Die Opfer seien ausgewählt worden, weil sie türkischstämmige Menschen waren oder für solche gehalten wurden.“Die 34. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses findet am Donnerstag, den 25. Mai 2023, 14:00 Uhr statt. Der Ausschuss wird zunächst einen hochrangigen LKA-Beamten vernehmen und anschließend den Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz als Zeugen befragen. Die Vernehmung wird voraussichtlich größtenteils nichtöffentlich erfolgen. Als letzte Zeugin des Tages wird Jaqueline W. vor dem Ausschuss aussagen.

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