2. NSU Untersuchungsausschuss

Presse-Briefing Nr. 22: Verpasste Chancen und dreiste Verharmlosungen

In der 27. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses haben Herr Rolf Kröger Kriminaloberrat a.D. und David Feiler, rechtsradikaler Szenezeuge aus Jena, vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags ausgesagt. Die Vernehmung des Zeugen M.T. wurde aus gesundheitlichen Gründen verschoben.

 

Herr Rolf Kröger, wurde vor allem mit Bezug auf die Ermittlungen der Ankerpunkttheorie in München befragt. Er bestätigte, dass der Untersuchungsauftrag seitens des BKA und GBA an den Staatsschutz in die richtige Richtung gingen, jedoch keine weiterführenden Ermittlungen von beiden Stellen angefragt wurden. Dennoch gab es Vernehmungsvorschläge seitens des Staatsschutzes an den GBA und das BKA, die auch genehmigt wurden. Problematisch ist jedoch, dass von den vorgeladenen Zeug*innen zwei nicht zu ihrer Vernehmung erschienen sind, wobei eine Zeugin offensichtlich aus Angst vor möglichen Repressalien aus der rechtsextremen Szene nicht ausgesagt hat. Schutzmaßnahmen, die eine Vernehmung der Zeugin dennoch ermöglicht hätten, wurden dieser vom BKA aber aus unerfindlichen Gründen nicht angeboten. Auch auf eine verpflichtende Zeugenvorladung durch den GBA wurde verzichtet. Im Fokus der Ermittlungen zur Ankerpunkttheorie waren insbesondere der Mordfall Theodoros Boulgarides und mögliche Bekanntschaften sowie das Wissen der Neo-Nazi-Szene über das NSU-Mordopfer. Denn mindestens zwei Männer aus der rechtsextremen Szene waren zur selben Zeit wie Boulgarides bei der S-Bahn in München beschäftigt. Der Zeuge Kröger betonte allerdings, dass seine Befragungen keinen Beleg für einen persönlichen Kontakt der rechtsextremen Münchener zu Theodoros Boulgarides oder für seine Ermordung lieferten.

 

Dazu meint Cemal Bozoğlu: „Ich frage mich nach dieser Vernehmung und den Informationen zur Arbeit der „Soko Patras“ ernsthaft, ob der Mord an Theodoros Boulgarides nicht ein gezielter Racheakt war. Eindeutige Indizien dafür haben wir zwar nicht, aber ausgerechnet in München wurden die Nazi-Größe der Stadt sowie zwei weitere nach Gewalt gegen einen griechischstämmigen Menschen zu empfindlichen Haftstrafen verurteilt. Das hinterlässt Fragezeichen im Kopf, denen wir ebenfalls noch nachgehen sollten.“

 

David Feiler bezeichnete sich im Eingang lediglich als Nationalist, ohne politisches Engagement. Gleichzeitig jedoch kannte er das „Who ist Who“ der Thüringer Neo-Nazi Szene. Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, André Kapke, Holger Gerlach, Tino Brandt waren alte Freunde aus der Kindheit oder Jugend. Mit Beate Zschäpe hatte er eine kurzweilige Beziehung und Ralf Wohlleben ist bis heute sein Schwager. Dennoch wollte er sich an keine Verbindungen, Gespräche oder Gruppierungen erinnern, die das Netzwerk der Thüringer Neo-Naziszene betrafen. Vielmehr leugnete er sogar, dass Ralf Wohlleben für die Waffenbeschaffung des NSU-Trio zuständig war. Und obwohl er eine enge Beziehung mit der Großmutter und dem Cousin von Beate Zschäpe hatte und mit diesen bis weit nach dem Auffliegen des NSU-Trios verkehrte, schilderte er sein gesamtes Leben als nicht politisch engagierten Nationalisten. Das er unglaubwürdig in seinen Aussagen war, merkten der Vorsitzende des NSU-UA Toni Schuberl und Cemal Bozoğlu in ihren Befragungen sehr direkt und mit scharfer Kritik an. So log er bereits eingangs über Erfahrung an Schusswaffen, in dem er behauptete keine zu haben, obwohl er sowohl bei der Bundeswehr sein Dienst geleistet hatte und Mitglied eines Schützenvereins war. Ebenso wollte er sich an keine seiner Straftaten erinnern, obwohl darunter unter anderem schwere Körperverletzung war. Mit Ralf Wohlleben will er ebenso bis heute nur über Veranstaltungen gesprochen haben, aber niemals über Politik.

 

Ein weiterer Schwerpunkt der Befragung war seine Beschäftigung im Transportgewerbe, in dem z.B. auch André Eminger und Matthias Dienelt aus dem NSU-Umfeld tätig waren. Obwohl Feiler auch hier ausweichende Antworten gab, konnten dennoch bislang offene Fragen geklärt werden. So gab der Zeuge beispielsweise an, dass er zwar für eine Münchner Spedition arbeitete, aber keine Wohnung in der Stadt besaß und seine Fahrten für die Firma ihn hauptsächlich ins europäische Ausland führten. Die Münchner Großmarkthalle, in der zeitweise auch das spätere NSU-Mordopfer Habil Kılıç, arbeitete, hat Feiler im Rahmen seiner Tätigkeit für die Spedition nicht beliefert.

 

Zur 28. Sitzung des NSU-UA sind der ehemalige Bayerische Innenminister, Herr Dr. Günther Beckstein, und zwei Kriminalhauptkommissare des BKA als Zeugen geladen.

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