Unvollständige Ermittlungen
In seiner 30. Sitzung hat der NSU-Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags den früheren Präsidenten des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA) Dathe und einen derzeitigen Vizepräsidenten der Behörde als Zeugen vernommen.
Der frühere (2008 bis 2015) Präsident des LKA Dathe erläuterte dem Untersuchungsausschuss, dass seine Behörde keine eigenen Ermittlungen im NSU-Komplex geführt habe, sondern nur informationssteuernde Funktion gehabt habe. Dennoch war Dathe sich seiner Meinung sicher, dass alle Spuren ausermittelt worden seien, alle Ermittlungsbehörden stets alles versucht hätten, um mögliche Mittäter und Helfer zu entdecken und bis heute keine Ermittlungsfehler zu erkennen seien.
„Es gab eine Zeugin des Mordes an Ismail Yaşar in Nürnberg, die meinte zwei mögliche Täter gesehen zu haben. Sie hätten ausgesehen wie Rechtsextremisten und seien auf Fahrrädern weggefahren. Auf Basis ihrer Aussagen wurden Phantombilder erstellt, die große Ähnlichkeiten mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten. Der Zeugin wurden später auch Videobilder des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße vorgelegt. Sie erkannte einen der Täter eindeutig wieder. Das war eine heiße Spur! Warum hat man nicht nach rechtsextremen Bombenlegern gesucht? Wissen Sie wie viele rechtsextremistische Personen, von denen bekannt war, dass sie Bomben bauen, zu dieser Zeit untergetaucht waren? – Es gab nur die drei!“, hielt Cemal Bozoğlu dem früheren LKA-Präsidenten vor.
Keine überzeugende Erklärung hatte Dathe auch auf die Auswertungsergebnisse des Ausschusses, wonach Unstimmigkeiten zwischen dem Polizeipräsidium München und dem BKA hinsichtlich der weiteren Ermittlungen zur Ankerpunkttheorie in München bestanden. Das Polizeipräsidium München regte weitere Ermittlungen zu Nils Peter Strahl und der Kameradschaft Süd um Martin Wiese an. Strahl wurde jedoch von dem BKA nur einmal als Zeuge geladen. Als dieser zu der Vernehmung nicht erschien, wurde kein weiterer Versuch unternommen, diesen möglicherweise zentralen Zeugen zu vernehmen. Mögliche Kontakte zwischen Personen der Kameradschaft Süd zu dem Thüringer NSU-Umfeld wurden nicht systematisch überprüft.
Vizepräsident Limmer, der von dem Ausschuss als Ersatz für den derzeit verhinderten Präsidenten des LKA Pickert geladen worden war, konnte trotz der Bitte des LKA, die Ladung des Zeugen vorzuziehen, nichts Wesentliches beitragen. Er habe erst vor zwei Tage von der Ladung erfahren. Zu den Ergebnissen der KG ReTeEx des LKA wusste er aber zu berichten, dass man keine Mittäter oder Helfer des NSU in Bayern habe aufdecken können. Dass dieses Ergebnis naheliegenderweise richtig sei, könne man auch daran erkennen, dass es in dem NSU-Prozess in München keine Angeklagten aus Bayern gegeben habe.
Zuletzt noch folgender Hinweis: Der Zeuge Norman Kempken ist trotz Einladung nicht zur Sitzung erschienen.
Die 31. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses findet am Mittwoch, den 3. Mai 2023, um 10:00 Uhr statt. Dann steht die Vernehmung von Zeugen aus dem Bereich des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz auf dem Programm. Aus dem Bereich der rechten Szene ist die Vernehmung mehrerer Zeugen, Mike R., Thomas H., Jaqueline W. und K. D., vorgesehen.
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